Ich reise gern und bin am liebsten draußen unterwegs. Mein Partner ist als Kind viel mit seiner Mama gereist und geht es heute lieber ruhiger an. Beruflich ist er leider auch unflexibler als ich. Davon möchte ich mich aber nicht aufhalten lassen. Darum habe ich beschlossen, einfach alleine mit unserem Sohn auf Reisen zu gehen.
Kleine Trips, zum Beispiel ein paar Tage nach München oder in meine Heimat, haben wir schön öfter gemacht. Eine richtige Urlaubsreise aber noch nie. Das sollte sich diesen Herbst ändern. Ich wollte einfach raus und etwas erleben.
Den Mut fassen, alleine mit Kind zu reisen
Und so sind mein Sohn und ich alleine eine Woche nach Norderney gefahren und es war fantastisch. Eine sehr bereichernde Erfahrung, die sich für mich befreiend angefühlt hat, weil ich meinem Wunsch nachgegangen bin, trotz der “Hürde” Kind. Das klingt jetzt irgendwie böse, so ist das aber nicht gemeint. Ein Kind ist nun mal ein gewisser Bremsfaktor, ein bewusst gewählter und geliebter kleiner Bremsklotz. Es liegt aber an dir, wie stark du dich bremsen lässt. Ich habe mit diesem Trip die Handbremse etwas gelöst und es hat sich gut angefühlt. Bereichernd war die Erfahrung auch, weil sie meine Beziehung zu meinem Sohn nochmal intensiviert hat. Und hierbei möchte ich gar nicht in Konkurrenz zum Papa treten. Für die sieben Tage auf Tour waren wir jedoch ein prima Zweierteam, das super geklickt hat. Klar gab es auch erschöpfende und herausfordernde Momente, doch unterm Strich war es eine perfekte Auszeit für uns beide.
Im Sommer waren wir zwei Wochen in Südfrankreich und schon nach wenigen Tagen hatte unser Sohn “Heimweh”. Er wollte zurück zu seinen Freunden und in seine gewohnte Umgebung. Bei diesem Urlaub auf Norderney war es umgekehrt, er wollte fast gar nicht nach Hause und bei der Abreise sagte er, dass er Norderney jetzt schon vermisse. Auch als wir wieder zu Hause waren, wollte er wieder zurück. Das ist so eine schöne Bestätigung, dass das Ziel gut gewählt war und auch ein Urlaub nur mit einem Elternteil gut sein kann.
Interessant fand ich einige Reaktionen auf meine Reise alleine mit Kind. Viele dachten, ich sei in Mama-Kind-Kur. Zu fern scheint der Gedanke, bei intakter Familie ohne den anderen Elternteil wegzufahren.
Alleine Reisen mit einem Kind einfacher als mit zwei
Ich bin so dankbar, dass ich den Mut gefasst habe, alleine mit Kind zu reisen. Ich denke, mit zwei Kindern hätte ich es nicht gewagt. Zu groß wäre hier meine Sorge gewesen, nicht beide genug im Blick haben zu können, vor allem während der An- und Abreise mit dem Zug. Es ist für mich ein Horror, dass ein Kind wegrennt während ich mit dem anderen Kind zugange und zudem vollbepackt bin. Das Ganze dann auch noch in einem gefährlichen Umfeld wie an den Bahngleisen oder einem stressigen Moment wie dem Umsteigen, nein danke. Mit einem Kind bin ich in den Momenten bereits maximal angespannt. Ich neige hier zwar auch zu worst case Szenarien in meinem Kopf, das ungute Gefühl ist aber real und ich kann es auch nicht wegzaubern.
Ein weiterer Punkt ist das Gepäck. Ich war mit einem Kind schon am Limit des Gepäck-Tetris. Mein großer Reiserucksack hatte die perfekte Größe für meinen Sohn und mich. Dabei hatte ich mich bereits nur auf das Nötigste beschränkt und auch die Gallseife zum Waschen vor Ort durfte nicht fehlen. Gerade im aktuellen Alter meines Kleinen geht doch des Öfteren noch was beim Pipi machen daneben oder sogar die volle Ladung in die Hose. Den Buggy hatten wir auch noch dabei, unser wichtigster Reisebegleiter. Erst wollte ich ihn zu Hause lassen, ich war dann aber heilfroh, dass ich ihn doch mitgenommen hatte. So konnte ich auch hier einige Sachen verstauen, vor allem Proviant. Wie das Ganze im Zug geklappt hat, schreibe ich euch in einem weiteren Beitrag zum Norderney-Urlaub an sich auf.
Mit einem Kind im Schlepptau musste ich vor Ort auch nur seinen Bedürfnissen nachkommen und nicht den Wünschen mehrerer Kinder nach unterschiedlichen Aktivitäten gerecht werden. Ich konnte mich voll und ganz auf meinen Kleinen konzentrieren.
Downside – Mama alleine im Lead
So schön die sieben Tage zu zweit auch waren, so anstrengend waren sie natürlich auch für mich. Ich hatte alleine die volle Verantwortung, war alleine die Spielkameradin und auch die Planung vor Ort hing an mir ganz alleine. Da wir in einem Appartment waren, fielen auch Einkaufen, Kochen, Aufräumen und Spülen an. Ein weiterer Faktor, der mit einem weiteren Kind ebenfalls mehr Aufwand gewesen wäre. Bis auf den Aspekt der Spielkameradin, hier wäre ein Geschwister vor Ort in manchen Momenten tatsächlich eine wahre Bereicherung gewesen, sofern die beiden sich gut verstanden hätten. Gleichzeitig hätte ich on top auch noch Geschwisterkonflikte zu begleiten gehabt. An dieser Stelle möchte ich meinen allergrößten Respekt für Alleinerziehende aussprechen. Es ist gigantisch, was ihr jeden Tag leistet!
Alleine reisen mit Kind hat Vorteile für alle Beteiligten
Der Urlaub war unterm Strich nicht nur sehr bereichernd für mich und meinen Sohn, sondern auch für den Papa. Denn der konnte zu Hause Schlaf nachholen, einen Alltag ohne familiäre Verpflichtungen genießen und das Haus aufräumen ;), Ich hatte meinen heiß ersehnten Herbsturlaub und Tapetenwechsel und konnte meine Seele vom Meer durchpusten lassen. Und auch unser Kleiner konnte mal ohne Kita-Alltag den Riesensandkasten Nordseestrand erleben.
Inzwischen sind wir seit circa zwei Wochen wieder zu Hause und zehren immer noch von dem Urlaub. Das Zusammensein kommt mir entspannter und wertschätzender vor. Der Papa hat uns natürlich auch vermisst und ist froh, dass wir wieder da sind und Leben in der Bude ist. Ich bin froh, die Verantwortung für unseren Kleinen wieder teilen zu können und unser Sohn genießt seine Spielsachen nach einer Woche Abstinenz nochmal aus einer neuen Perspektive.
Der nächste Urlaub wird mit Papa gemacht, aber ich weiß jetzt schon, dass es im nächsten Jahr wieder einen Mama-Sohn-Trip geben wird.
Seid ihr auch schon mal alleine mit eurem Kind verreist?