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Alle bekommen ein zweites Kind, nur ich nicht

Vom Gefühl, eine Verbündete zu verlieren

Kennst du das Gefühl, wenn du als Einkindmama eine andere Einkindmama siehst und dich sofort mit ihr verbunden fühlst? Wie man nach der Geburt in eine Art inneren Circle der Mamas und Papas aufgenommen worden ist, fühle ich mich auch im Kreise der Einkindfamilien einem weiteren Kreis zugehörig. 

Inner Circle der Einkindmamas

Leider ist dieser Kreis sehr dynamisch. Denn nicht selten entscheiden sich Familien dazu, doch noch ein weiteres Kind zu bekommen. Dann wird der Kreis der Einkindfamilien um einen herum wieder kleiner. Unweigerlich kommt bei mir das Gefühl des wieder alleine seins auf und ich fühle mich auf eine gewisse Art verlassen.

Genauso ist es, wenn ich Familien mit einem Kind sehe und dann kommt doch noch ein weiteres Kind hinterhergelaufen. Eine große Ernüchterung macht sich breit. 

Ich kann gar nicht so genau beschreiben, warum. Auf den ersten Blick mag das wie Neid wirken. Das ist es aber nicht. Ich bin ja fein mit meiner Entscheidung, es bei einem Kind zu belassen. Müsste es mir vor dem Hintergrund nicht total egal sein, dass die anderen nun doch Nachwuchs bekommen? Ist es, weil ich meine Entscheidung dadurch hinterfrage? Nach dem Motto, die anderen haben sicher gute Gründe ein weiteres Kind zu bekommen, berücksichtige ich diese zu wenig? Doch bin ich mir darüber ja bewusst, dass die Nachteile, die ich in einem weiteren Kind sehe, für andere nicht unbedingt gelten und ebenso wenig fühle ich das Bedürfnis für ein weiteres Kind, das andere verspüren. 

Eine Verbündete verlieren

Vielmehr ist es glaube ich Enttäuschung, weil ich die Verbindung zu der Familie direkt wieder verliere. Ich relate zu der Mutter und dann kommt die Ernüchterung. Ich habe in dem Sinne in dem Moment eine Verbündete verloren. Eine Vebündete im relativ kleinen Kreis der Einkindfamilien. Der Kreis ist ohnehin schon überschaubar. Ich vermute, dass ich deshalb an Verbündeten festhalte. In der Psychologie der Kommunikation wird Verbundenheit als das Gefühl bezeichnet, einer anderen Person oder einer Personengruppe zugehörig zu sein und in einer gegenseitig vertrauensvollen Beziehung zu stehen. 

Durch Ähnlichkeiten fühlen wir uns verbunden, das sorgt für Sympathie und Nähe. Das bestätigen einige Studien, es ist aber auch selbsterklärend. Man teilt eine gemeinsame Realität. Erhalte ich die Nachricht, dass ein Einkindeltern-Paar Nachwuchs erwartet oder wenn hinter einer scheinbar dreiköpfigen Familie doch noch ein Kind hinterhergelaufen kommt, ist diese gemeinsame Realität nicht mehr vorhanden. Ein Gefühl der Enttäuschung tritt ein. Ich fühle mich wieder alleine mit meiner Realität, Einkindmama zu sein und zu bleiben.

Das Familienbild in der Werbung und in Kinderbüchern

Ähnlich verhält es sich, wenn ich Familien in Werbeanzeigen oder Kinderbüchern sehe. Wenn hier Einkindfamilien abgebildet sind, erfasst mich ein richtig freudiges Gefühl. Ich finde darin Bestätigung und Akzeptanz unseres Familienmodells. Leider sind diese Bilder nach wie vor rar. Bei Urlaubsanzeigen planschen Geschwister munter im Wasser, während die Eltern in den Liegen entspannen und auch am Frühstückstisch wird die Marmelade mit einer größeren Familie beworben. Sehe ich dann doch eine Familie mit “nur” einem Kind, wie kürzlich bei einem bekannten Nudelhersteller, tanzt mein Herz ein wenig.

Aufgefallen ist mir das Phänomen auch in Kinderbüchern. Habe ich mich zu Beginn der Lektüre noch gefreut, dass Bobo Siebenschläfer oder Leo Lausemaus keine Geschwister haben, kam schnell die Ernüchterung, als Schwester Lilli und Bibi sich in den Büchern ankündigten.

Situationen der Enttäuschung

Hier mal einige Situationen, die ich regelmäßig erlebe. Vielleicht kennt ihr sie auch. Vielleicht nehmt ihr sie aber auch ganz anders wahr. Ich freue mich, wenn ihr mir dazu schreibt:

  • In der Kita wähne ich mich unter relativ vielen Einkindmamas. Früher oder später wölbt sich der Bauch vieler Mamis jedoch und die nächste Schwangerschaft wird verkündet. 
  • In der Stadt sehe ich Mamas mit einem Kind, doch dann kommen Oma, Opa oder der Papa mit dem zweiten Kind hinterhergetrottet.
  • Ich freue mich auf bewusst gewählte Einkindfamilien zu stoßen, im Gespräch ergibt sich dann, dass sie ungewollt Einkindeltern sind. 

Besonders überraschend war es kürzlich, als eine Einkindmama in meinem Umfeld von heute auf morgen ein Baby auf dem Arm hielt. Sie haben sich für die Adoption eines zweiten Kindes entschieden. So schnell kann es gehen.

Gleiche Familienmodelle – Gefühl der Verbundenheit

Umso mehr freue ich mich also, wenn ich Familien mit wirklich nur einem Kind sehe. Kürzlich habe ich sogar eine Dreierfamilie im Park fotografiert, weil sie so gut und komplett zusammen aussahen. Im Urlaub ist auch von uns als Einkindfamilie ein richtig toller Schnappschuss am Strand entstanden. Ich kann mich daran gar nicht satt sehen, weil wir so glücklich und komplett aussehen. 

Ich vermute, dass sich diese Gefühle bei Eltern von Zwillingen, Adoptivkindern und allen weiteren Familienmodellen, die von der “Norm” – Mama, Papa, zwei Kinder- abweichen ähnlich gestalten.

Kennt ihr das Gefühl eine Verbündete zu verlieren in dem Kontext? Ich freue mich über eure Kommentare, dann sind wir verbunden 😉

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Tobias

    Hallo Sanne,

    ich bin auf deinen Blog gestoßen, weil wir uns nach langer Kinderwunschbehandlung damit abfinden müssen, dass wir kein 2. Kind bekommen werden und ich versuche, mir die Vorteile an einem Leben zu 3. vor Augen zu führen. Dabei hat mir dein Blog schon etwas geholfen. Also danke ich dir auf jeden Fall dafür.

    Dieses Gefühl der Enttäuschung, wenn man sieht, dass eine Familie doch zu viert ist, eine Schwangerschaft verkündet wird etc. kenne ich zu gut. Es ist bei mir sogar stärker ausgeprägt, als bei meiner Frau, also kein reines „Frauending“. Ich finde, dieses Gefühl hast du gut beschrieben.

    Ich habe das Gefühl, nur von Mehrkindfamilien umgeben zu sein und suche nach „Verbündeten“ für uns und unsere 3-jährige Tochter. Dabei habe ich zuletzt gelesen, das fast jede 2. Familie eine Einkindfamilie ist. Ich frage mich nur, wo die alle sind, denn mein Empfinden ist wirklich ganz anders.

    Ich würde mich über einen Austausch sehr freuen.

    Schöne Grüße

    1. Sanne

      Hej Tobias, danke für deinen Kommentar! Es tut mir leid, dass euer Kinderwunsch nach einem zweiten Kind wahrscheinlich unerfüllt bleibt. Da treffen euch die Mehrkindfamilien um euch herum natürlich ins Herz. Die Enttäuschung, die du da beschriebst ist allerdings eine andere als bei mir. Ich bin ja nicht enttäuscht, dass ich kein zweites Kind habe, sondern, dass die anderen keine Einkindeltern mehr sind. Die Zahl, dass fast jede 2. Familie eine Einkindfamilie ist ist trügerisch, denn das ist natürlich der Status Quo, das heißt aber nicht, dass da nicht noch weitere Kinder hinterherkommen. Ich wünsche euch jedenfalls, dass ihr euch als Einkindeltern findet und irgendwann auch die Vorzüge dieses Familienmodells genießen könnt. Alles Gute für euch!

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